Im Namen des
Vorstandes und des Beirates bedanke ich mich bei all jenen, die im Sinne unserer
Satzung und Programmatik und damit im Sinne der Grundgedanken von Toleranz,
Solidarität und des Dienstes am Nächsten wie am Vaterland zur insgesamt
positiven Bilanz der Preußischen Gesellschaft beigetragen haben. Wohl
wissend, daß Dankbarkeit zu den von Friedrich dem
Großen favorisierten Tugenden gehört. Auch sie wird heutzutage immer weniger
gepflegt. Wörter wie »danke« und »bitte« sind beinahe aus der Alltagssprache
getilgt.
Mit preußisch
dezentem Stolz dürfen wir feststellen: In der Berliner Öffentlichkeit und
darüber hinaus haben wir uns zu einem ernstzunehmenden gesellschaftlichen
Faktor entwickelt. Das geht auf das positive Konto von Mitgliedern, die
Pflicht und Erfüllung im bürgerschaftlichen Engagement sehen. Mich freut, daß uns die gleiche Erkenntnis trägt und beflügelt: Wert
und Bestand unserer Nation stehen und fallen mit den preußischen Tugenden.
Sie immer wieder, geradezu missionarisch unters Volk zu bringen, haben wir
uns zur Aufgabe gemacht. So, wie Preußen eine bleibende Idee ist, ist diese
Aufgabe eine bleibende.
Zwei kurze
Anmerkungen. Die eine zum Tag, die andere zum Ort unserer Zusammenkunft.
Ein Wort zum
Tag
1995 wurde der
Buß- und Bettag in allen Bundesländern - mit Ausnahme Sachsens - ersatzlos
als gesetzlicher Feiertag gestrichen. Wer weiß noch, daß
dies unter der christdemokratischen Kohl-Ägide geschah, um die
Pflegeversicherung zu finanzieren? Dennoch bleibt er ein wichtiger
kirchlicher Feiertag. Er dient dem Nachdenken über individuelle und
gesellschaftliche Irrtümer und verbindet sich mit dem Gedanken an Gnade,
Hoffnung und Vergebung. Die preußische Generalsynode hatte 1892 den
einheitlichen Bußtag für ihr Staatsgebiet in Mittel- und Norddeutschland
geschaffen. Er gründete sich nach dem Alten Testament auf die Kollektivschuld.
Sie sei von der Gemeinschaft zu tragen.
Ich bin
überzeugt davon, daß so gut wie jeder von uns beim
Terminus »Kollektivschuld« sofort an eine einzige denkt. Die wir nahezu
tagtäglich, immer und immer wieder bis ins dritte, vierte Glied vorgehalten
bekommen. Das dürfte dem Geist des Tages wohl nicht entsprechen, weil Gnade,
Hoffnung und Vergebung ausgespart werden.
Ein Wort zum
Ort
Eine bessere
Berliner Adresse als die des Gendarmenmarktes, kann ich mir für die
Preußische Gesellschaft nicht denken. Jedenfalls nicht vor dem Neubau des
Stadtschlosses. Ob uns Mitglieder, Freunde oder Sympathisanten hier
aufsuchen, sie alle werden von den sichtbaren und unsichtbaren Spuren von
Friedrich dem Großen und vieler weiterer aus dem Hause der Hohenzollern
eingestimmt. Vom hehren Geist des Ortes. Dieser einzigartige Platz atmet
preußische Geschichte, schenkt Wissenden wie Fühlenden gleichermaßen
Kraft.
Mir ist es ein
Herzensbedürfnis, der Leitung des HILTON-Hotels in
meinem Namen wie im Namen von Vorstand und Beirat und sicher auch in Ihrem
Namen, meine verehrten Damen und Herren, für die seit Jahren erwiesene
Gastfreundschaft aufrichtig zu danken. Wir können oft nur sagen: »Vergelts Gott.«
Sie akzeptieren
das mit bewundernswerter Freundlichkeit.
Die
Jahresbilanz der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg kann sich trotz
mancher Irrnisse und Wirrnisse in unseren Reihen
durchaus sehen lassen. Mit fundierten Vorträgen und inhaltsreichen
Diskussionen, in Gesprächen mit Vertretern von Politik, Wirtschaft, Militär,
Kultur etc. haben wir der Pflege friderizianischen Gedankengutes entsprochen
und haben wir uns in die öffentlichen Belange eingemischt. Regelmäßig
betreiben wir Erfahrungs- und Gedankenaustausch mit gleichgesinnten
Gremien und Vereinigungen. Als gute Preußen pflegen wir die schon
traditionellen Verbindungen zur Bundeswehr. Nicht nur unsere
Weihnachtskonzerte im Hohenzollern-Dom können unsere engen Kontakte zur
Kirche bezeugen. Kurz: Wir sind geachteter und beachteter Teil des
gesellschaftlichen Lebens.
Einige Tupfer
der bunten Palette seien genannt. Als großen Erfolg werte ich das gemeinsam
von NIKE Polnische Unternehmerinnen e.V. und Preußische Gesellschaft
Berlin-Brandenburg e.V. organisierte Europäische Fest im Garten des Schlosses
Caputh. Vor imposanter Kulisse debattierten Vertreter aus Deutschland, Polen
und Dänemark freundschaftlich über das heutige Europa.
Daß dabei das historische Drei-Königs-Treffen vor nahezu
300 Jahren eine besondere Rolle spielte, versteht sich von selbst. Im Sommer
1709 hatten auf Schloß Caputh drei europäische
Herrscher die Grundzüge einer gemeinsamen europäischen Politik erörtert:
König Friedrich I. von Preußen, Kurfürst und Polen-König Friedrich August von
Sachsen sowie König Friedrich IV. von Dänemark.
Eingeleitet
hatte das Jahr 2003 traditionell der wieder grandiose Neujahrsempfang der
Preußischen Gesellschaft. Mehr als 1 400 Damen und Herren aus allen Bereichen
der Gesellschaft machten uns ihre Aufwartung und sich mit unseren Vorhaben
und Zielen vertraut. Erwähnt sei der Internationale Preußenstammtisch mit
Militärattachés der in Berlin vertretenen Botschaften, an dem hochrangige
Vertreter der Wirtschaft teilnahmen. Nicht weniger als 180 Teilnehmer konnten
wir herzlich willkommen heißen. Apropos Militärattachés. Besonders eng
gestaltet sich die Verbindung zu Oberst Donald Zedler,
dem Militärattaché der US-Botschaft. Ganz anders als einige deutsche
Militärs, die auf unsere kritischen Anfragen zur Präsenz der USA in Irak
geradezu sauertöpfisch-ablehnend reagierten,
äußerte sich Oberst Zedler mit Sachkenntnis und
Stil zu dem umstrittenen Thema.
Nennen möchte
ich in diesem Zusammenhang auch den Vortrag von General a.D.
Dr. Roth. Er sprach kenntnisreich und mitreißend vor Mitgliedern, Freunden
und Sympathisanten unserer Gesellschaft über den bleibenden Wert preußischer
Tugenden. Eben dieses Thema hatte ich mir auserkoren, als ich jüngst gebeten
wurde, den Festvortrag vor den Berliner Weinheimer Corpsstudenten zu halten.
Nicht ganz von
ungefähr bin ich bei vielversprechenden jungen
Leuten gelandet; denn ich möchte an dieser Stelle den »Jungen Preußen« meine
Reverenz erweisen. Dieser offene Arbeitskreis gewissermaßen unter unserem
Schirm machte sich Satzung und Programmatik der Preußischen Gesellschaft zu
eigen und hat - wie es sich für eine stürmende und drängende Jugend geziemt -
nichts Geringeres als den Aufbau einer bundesweiten Jugendorganisation im
Sinn. Man trifft sich jeweils am 1. Donnerstag im Monat eine Stunde vor
Beginn unseres traditionsreichen Stammtisches. Wer von den nicht mehr ganz so
jungen Preußen-Freunden Lust und Zeit hat, ist herzlich zum konstruktiven
Mitwirken eingeladen. Um die Zukunft unseres Vereins braucht mir also nicht
bange zu sein.
In bester
Erinnerung wird allen Teilnehmern die jüngste Hubertusjagd in preußischen
Forsten bleiben, zu der u.a. die brandenburgische
Landesregierung und die Preußische Gesellschaft eingeladen hatten. Am Rande
führte ich manch förderlich-dienliche Gespräche, so mit dem brandenburgischen
Ministerpräsidenten und Deichgrafen Platzeck.
Nicht nur mich
freut, daß wir mit den jüngsten Ausgaben der »Preussischen Nachrichten von Staats- und Gelehrten
Sachen« inhaltlich an ihre Gründerzeit anknüpfen. Nicht jeder Beitrag unseres
Informations-, Nachrichten- und Meinungsblattes mag jedermanns Beifall
gefunden haben. Soll er auch nicht, wenn er nur zur Diskussion anregt. Je
weniger in der deutschen Gesellschaft über wichtige Themen debattiert wird,
desto stärker sind wir dazu gerufen. Je weniger Gedankenfreiheit und Toleranz
allgemein gelten, desto inniger sollten wir uns diesen Tugenden verpflichtet
wissen. Für mich gehört es durchaus nicht zur Streitkultur, nur eine vorgestanzte Meinung gelten zu lassen. Solches
kennzeichnet Diktaturen. Nachplapperer mögen im Zoo
ein Gaudium sein, wenn sie gefiedert sind. In der Gesellschaft sind sie mir
ein Greuel. Absolute Tiefpunkte von Streit-Unkultur
sind für mich jene verbalen Auseinandersetzungen, nach denen einer im
wortwörtlichen Sinne abstürzt oder ein anderer in den mittelalterlichen Bann
getan wird. Sind Abgeordnete gemäß Grundgesetz ausschließlich ihrem Gewissen
verpflichtet oder dürfen sie zu Abstimmungsmaschinen degradiert werden?
Sehr geehrte
Damen und Herren, wir leben selbstredend nicht in einem Glashaus oder gar auf
einem Elfenbeinturm preußisch elitären Denkens und womöglich Handelns. Wir
haben uns in die Satzung und damit aufs Panier geschrieben, das überaus
reiche und leider kaum gehobene Gedankengut von Friedrich dem Großen und
weiterer bedeutender Preußen in unser gesellschaftliches Heute und Hier zu
transformieren. Das setzt natürlich voraus, die Philosophien der Denker zu
kennen, die Geschichte von Brandenburg-Preußen zumal und - jetzt kommt das
Schwierige - danach zu handeln. Nur dann, wenn wir eine kenntnisreiche,
intakte, loyale und vor allem tolerante Gruppe von Gleichgesinnten sind,
können wir intensiv nach außen wirken. Kleingeist und Kleinmut, Illoyalität
und Intoleranz haben wir übermäßig genug im Lande, sie sollten in unseren
Reihen nichts zu suchen haben.
Wir haben auch
verloren, wenn zehn Preußen-Freunde zugleich zehn Parteiungen bedeuten. Auch
das haben wir in unserer deutschen Gesellschaft zur Genüge: Jeder ist der
Größte, der Nebenmann gehört niedergemacht, und das wird in falscher Eintracht
fairer Wettbewerb genannt. Nein, lassen Sie uns, verehrte Freunde, eine im
positiven Sinne verschworene Gemeinschaft sein, lassen Sie uns in keiner Not
und Gefahr uns trennen, lassen Sie uns gemeinsam wie Ziethen
aus dem Busch preschen und unter den Werteverächtern kundtun, was wir uns
vorgenommen haben: Preußens Idee immer lebendiger werden zu lassen.
Wenn
Deutschland existieren soll, braucht es diese Idee. Ausschließlich
kommerzielle Elixiere lassen das Vaterland verkümmern. Das wissen andere
Völker und Gesellschaften. Deshalb betonen beispielsweise die USA und
Frankreich bei allen Globalisierungsbestrebungen die Werte ihrer Nation. Uns
ist die deutsche Nation alles andere denn gleichgültig.
Gestatten Sie
mir, sehr geehrte Damen und Herren, mit Ihnen einen kurzen Ausflug aus
unserem Mikrokosmos Preußische Gesellschaft in den Makrokosmos deutsche
Gesellschaft zu machen. Ich werde mir erlauben, aus Preußen zu berichten und
den Vergleich mit dem heutigen Deutschland nicht zu scheuen.
Ausgangspunkt
sei mir der große Friedrich mit seiner fundamentalen Erkenntnis:
»Nichts ist
wahrer und handgreiflicher, als daß die
Gesellschaft nicht bestehen kann, wenn ihre Mitglieder keine Tugend, keine
guten Sitten besitzen. Sittenverderbnis, herausfordernde Frechheit des
Lasters, Verachtung der Tugend und derer, die sie ehren, Mangel an
Redlichkeit im Handel und Wandel, Meineid, Treulosigkeit, Eigennutz statt
Gemeinsinn - das sind die Vorboten des Verfalls der Staaten und des
Untergangs der Reiche. Denn sobald die Begriffe von Gut und Böse verworfen
werden, gibt es weder Lob noch Tadel, weder Lohn noch Strafe mehr.«
Der
messerscharfen Analyse des - jawohl - Status quo in Deutschland muß, will und kann ich nichts hinzufügen.
Nach der
Niederlage bei Jena und Auerstedt hatte Preußen
etwa die Hälfte seines Staatsgebietes verloren, mußte
französische Besatzer aushalten und unerschwingliche Kontributionen zahlen.
Sondersteuern und Zwangsanleihen belasteten die Begüterten. Handel, Gewerbe
und Landwirtschaft lagen am Boden. Mit hoher Arbeitslosigkeit kamen Hunger
und Not. Nur eine Radikalkur konnte Preußen retten. Neben deutlichen
Einsparungen von Verwaltungskosten strebte Reformer Freiherr vom und zum
Stein »die Belebung des Gemeingeistes und Bürgersinns« an. Noch einmal: »die Belebung
des Gemeingeistes und Bürgersinns«.
Das sind heute
unbekannte Vokabeln, obwohl sich die Situationen gleichen. Hardenberg nannte
als leitendes Prinzip und Ziel, »eine Revolution im guten Sinn, gerade
hinführend zu dem großen Zwecke der Veredelung der Menschheit, durch Weisheit
der Regierung und nicht durch gewaltsame Impulsion
von innen oder außen«. Undenkbar, solche Gedanken aus heutigen
Regierungskreisen zu vernehmen. Wie in Deutschland die Menschen veredelt
werden, läßt sich an jedem Zeitungskiosk, jeder
Videothek und jedem Fernsehprogrammheft erkennen.
Wollte Stein
die Reform der Staatsverfassung, erstrebte Hardenberg eine effektivere
Verwaltung. Den Reformern stand nicht allein im Sinn, die preußische
Volkswirtschaft an das Niveau der westeuropäischen Staaten heranzuführen und
zugleich die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung zu verbessern. Sondern
es ging ihnen nicht minder darum, preußische Tugenden zu nutzen.
Beispielsweise Opferbereitschaft, die eine Identifizierung der Preußen mit
ihrem Staat voraussetzte. Ohne Patriotismus aber konnte die Reform nicht
greifen. Bildung und Erziehung sollten dazu die notwendigen geistigen Kräfte
formen.
Pisa war damals
nur als Name einer italienischen Stadt bekannt.
Das
reformerische Werk gelang zwar nicht in Gänze, aber es führte die preußische
Wirtschaft mit einem liberalisierten Gewerbeleben und das Bildungswesen mit
einer bald weltberühmten Berliner Universität auf einen beachtlichen Stand
und stärkte das Selbst- und Staatsbewußtsein der
Preußen.
Parallelen
zwischen damals und heute sind unverkennbar. Deutschland befindet sich seit
längerem in einer industriellen, Vereinigungs- und Identitätskrise.
Unvergessen bleibt mir, was dazu Ignaz Walter aus Sorge um Wirtschaft, Staat
und Gesellschaft gegenüber dem Bundeskanzler und in den Medien äußerte. Seine
Warnungen und Mahnungen kommen aus berufenem Mund. Ignaz Walter ist
u. a. Präsident
des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Konzernchef und
Haupteigentümer der Walter Holding, des neben Philipp Holzmann und vor
Hochtief größten Bauimperiums Deutschlands.
Was ist ihm
zufolge zu tun?
● Das politische System bedarf der Reform:
Wahlperioden von sechs Jahren, statt Verhältnis- ein Mehrheitswahlrecht;
● Reform des föderalistischen Systems, damit
Bundesrat und Vermittlungsausschuß
Parlamentsbeschlüsse nicht blockieren oder verhindern können;
● der Personalbestand aller Parlamente (Bund,
Länder, Gemeinden) müßte um 50 Prozent reduziert
werden;
● Staatsausgaben, wie Löhne, Gehälter,
Sachkosten, Zinsen, internationale Zahlungen, sind deutlich zu reduzieren, um
Spielraum für arbeitsplatzschaffende Investitionen
zu schaffen;
● Abbau von Schwarzarbeit führt zu mehr
Arbeitsplätzen. Die Schwarzarbeit ist immer noch der Wirtschaftsbereich mit
der höchsten Wachstumsrate. Sie macht 550 Milliarden Mark jährlich aus, das
sind 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Übrigens
äußerte sich Ignaz Walter im ZDF auch zum Wiederaufbau in Irak. Auf die
Frage, was er für die deutsche Bauindustrie erwarte, antwortete er
entwaffnend offen: »Wenn ich ganz frei reden darf: nichts. Überhaupt nichts.
Ich befürchte, daß wir wieder unkonditioniert
finanzieren werden, letztendlich keinen Auftrag bekommen... Die Amerikaner
machen praktisch das Geld für sich.«
Kanzler
Schröder und seine rot-grüne Mißwirtschafts-Regierung
werden Antwort geben müssen, warum sie unter diesen Umständen und bei fast
leeren bundesdeutschen Kassen der Bush-Regierung rund 220 Millionen Euro an
Steuergeldern für den Irak-Wiederaufbau zur Verfügung stellen. Soll beispielsweise
die exorbitant vermögende Bechtel-Group noch
reicher werden, derweil in Deutschland die Rentner zur Kasse gebeten und Kitas geschlossen werden?
Schwerwiegender
als die materiellen Mängel in Deutschland sind ohne Zweifel die ideellen. Das
ist um so schmerzlicher, als die Einheit des
Vaterlandes eine unwiederbringliche Chance bot, die Vision eines besseren
Deutschlands zu entwickeln, zu fördern und zu verwirklichen. Doch verkrämert wurde, wovon die größten deutschen Geister
schrieben und sangen: Ein einig Volk von Brüdern. Nun stehen wir als freies
Volk auf freiem Grund, und statt die Ärmel hochzukrempeln, einander
Solidarität zu üben und zu opfern, bereit ein neues, endlich gemeinsames
Deutschland aufzubauen, haben viele nichts anderes zu tun, als egozentrisch
zu sein und einander zu zerfleischen.
Ich hole mir
noch einmal Professor Dr. Ignaz Walter an die Seite. Seine Analyse klingt
drastisch, dabei ist sie nur realistisch.
● »Keiner hätte geglaubt, daß die Menschen - aufgestanden aus Schutt und Asche -
einst von vorn bis hinten von Mißgunst geprägt und
von Neid bestimmt sein werden.
● Niemand konnte sich damals vorstellen, daß bei uns einst die Ansprüche weit höher sein werden
als die Leistungsbereitschaft.
● Kaum jemand ahnte, daß
unsere gesamte Gesellschaft überwuchert wird von Bürokratie, von Paragraphen,
Verordnungen und Vorschriften.
● Keiner konnte sich vorstellen, daß aus der Erhardschen Sozialen Marktwirtschaft einst
eine Pseudosozialwirtschaft und eine Staatswirtschaft mit mehr als 50 Prozent
Staatsquote werden könnte.
● Wer hätte geglaubt, daß
die wahren Unternehmer, welche beim Wiederaufbau Deutschlands so wichtig
waren, einst nur noch verbal gefragt sein werden.
● Wer hätte geglaubt, daß
man den Selbstdarstellern und Sprücheklopfern den Hof machen wird, egal
welche Kapitalsummen sie durch ihre Unfähigkeit vernichten.
● Was niemand glaubte, die 68er
-Kaviar-Revoluzzer- schafften es.
● Sie unterminierten den Glauben an einen
seriösen, demokratischen Staat, den Glauben an die individuelle Freiheit, an
das Recht und die Chancen des Einzelnen, an die Korrelation zwischen Leistung
und Erfolg, zwischen Erfolg und Wohlstand.
● Sie machten den Menschen klar, daß Arbeit nicht Freiheit und Wohlstand bedeutet, sondern
Knechtschaft und Ausbeutung.
● Sie predigten die alten sozialistischen
Weisheiten: mehr Lebensqualität und Wohlstand ohne Gegenleistung, die
staatliche Rundumversorgung, die Verantwortung des
Staates für jeden und alles, Ausbildung bis 30 und Rente ab 50, Mitbestimmung
und Miteigentum an Produktionsmitteln und vieles mehr.
● Selbst die moralischen Werte waren ihnen
nicht heilig, die Primärtugenden wurden verpönt, antiautoritäre Erziehung war
in, wer anderer Meinung war, zählte zu den ewig Gestrigen.«
Lassen Sie mich
anfügen:
Die
Kaviar-Revoluzzer ließen in unserer Gesellschaft einen pseu-
dosozialistischen Besen kreisen, vergaßen das
Zauberwort und brachten Deutschland in dieses vertrackte Dilemma. Kläglich
muten ihre Versuche an, den Besen zu stoppen. Da muß
wohl wieder ein alter Meister her.
Zur
Identitätskrise der Deutschen gehört eine zunehmende Geschichtslosigkeit. Zu
sehr haben sich viele auf die unseligen zwölf Jahre Finsternis in deutscher
Geschichte fixieren lassen. Soll Deutschland in geistiger Balance leben,
müssen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einen harmonischen Dreiklang
ergeben. Den zu erreichen, sind wir Preußen-Freunde angetreten.
Kurz und
bündig: Deutschland fehlt wahres Preußentum an allen Ecken und Enden. Nach
preußischem Vorbild sollte angestrebt werden, daß
Deutschland wieder als Vaterland begriffen wird, dem zu dienen größte Ehre
ist. Verantwortung, Pflichtbewußtsein und Toleranz
sollen ihren hohen Stellenwert als moralische Kategorien zurückerhalten,
Sparsamkeit und Genügsamkeit als erstrebenswerte Tugenden gelten. Der Staat
hat das Land korrekt, unbestechlich und objektiv, also frei von
parteipolitischen Einflüssen zu verwalten. Er soll sich wieder als Diener des
Volkes verstehen. Von den Gerichten wird erwartet, daß
sie sich von parteipolitischen Interessen freihalten und gerecht gegen
jedermann urteilen. Wie kann angehen, daß
Parteienproporz die Zusammensetzung beispielsweise des
Bundesverfassungsgerichtes bestimmt. Sagte man nicht: Wenn die Partei
den Gerichtssaal betritt, geht die Gerechtigkeit hinaus?
Deutschland ist
heute in der Tat eine bleiche Mutter, wie Bertolt Brecht einst formulierte.
Darüber kann rot-grüne Schminke nicht hinwegtäuschen.
Deutschland,
die bleiche Mutter, hat es verdient, daß man sich
um sie kümmert. Dies ist unser Auftrag.
Liebe, verehrte
Mitglieder der Preußischen Gesellschaft. Um ausbleibende Betätigungsfelder
für uns ist mir nicht bange. Daß wir im Engagement
nachlassen, auch nicht. Engagieren sollten wir uns nach der preußischen
Maxime, die Graf Schlieffen einst notierte:
»Viel leisten,
wenig hervortreten, mehr sein als scheinen.«
Und leiten
lassen von dem Wort des großen Friedrich:
»Ich reinige
den Geist von allen Vorurteilen: die Wahrheit allein soll mir leuchten.«
Pro Gloria et
Patria
Gott schütze
unser Vaterland
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